BDS ist nicht antisemitisch!
Jetzt erst recht: Solidarität mit dem palästinensischen Volk!
Seit Jahrzehnten leiden Millionen Palästinenser*innen unter der israelischen Besatzungs- und Unterdrückungspolitik. Sowohl Palästinenser*innen als auch Israelis und Internationalist*innen setzen vielfältige Mittel des Widerstands und Protests ein, um die rassistischen Besatzung zu überwinden. Israel ist bestrebt, Kritik, Protest und Widerstand mundtot zu machen. Dies geschieht nicht nur in Israel, sondern weltweit.
Hier ein Beispiel unserer politischen Praxis: Am 4.2.2019 hielt Dr. Shir Hever in Bonn den Vortrag ,,Israels rechte Freunde in Europa und den USA“. Im Vorfeld gab es eine rassistische Hetzkampagne gegen die Veranstaltung: Malca Goldstein-Wolf hetzte über soziale Medien, meldete eine Gegendemo an und versuchte, die Veranstaltung zu verhindern. Benjamin Weinthal ist Europakorrespondent der Foundation for Defensive of Democraties (FDD). Er sorgte dafür, dass auf vier Sprachen gegen den Vortrag von Dr. Shir Hever berichtet wird. Die FDD veröffentlicht jährlich eine Liste der vermeintlichen Top Ten Antisemiten, um sie öffentlich zu brandmarken. Die FDD wird vom israelischen Propagandaministerium mitfinanziert und strebt eine Image-Verbesserung Israels an. Das Propagandaministerium Israels versucht, weltweit Kritiker*innen Israels mundtot zu machen, einzuschüchtern, zu kriminalisieren und als Antisemit*innen zu brandmarken. Wir haben uns nicht beirren lassen und führten die Veranstaltung mit Dr. Shir Hever durch. Hier mehr dazu.
Die problematischen Einflüsse vom israelischen Propagandaministerium und deren nahestehender Organisationen ist nicht das einzige Problem hierbei. Viele propagieren falsche und irreführende Inhalte: Das Judentum wird mit Zionismus und Israel gleichgesetzt. Daraus folgt die These, dass der Kampf gegen Antisemitismus Israelsolidarität einschließen müsse. Hierbei wird jedoch gar nicht beachtet, dass Israel eine rassistische Besatzungsmacht ist und deren Praktiken (wie bspw. rassistische Gesetze, Massaker und Blockaden von Lebensmitteln) gegen das palästinensische Volk keineswegs das Judentum repräsentieren. Auch die Tatsache, dass es in kapitalistischen Staaten Kapitalist*innen und Arbeiter*innen gibt wird außer Acht gelassen. Der Staat Israel ist kein Staat ,,der Juden“, sondern der israelischen Kapitalist*innen.
Ein weiteres Problem sind zahlreiche Gerüchte und Unwahrheiten, die bezüglich BDS kursieren. BDS wurde 2005 von über 170 palästinensischen Zivilgesellschaftlichen Organisationen ins Leben gerufen und wird weltweit von dutzenden jüdischen Organisationen unterstützt. Es steht für Boykott, Desinvestition und Sanktionen. Mit diesen Mitteln solle erreicht werden, dass sich Israel an das Völkerrecht hält. Gängige Unwahrheiten bezüglich BDS sind: BDS wolle Israel zerstören, BDS wolle alle israelischen Künstler*innen, Wissenschaftler*innen und Sportler*innen brandmarken, BDS wäre von der Hamas gegründet. Viele Zionist*innen stellen diese Unwahrheiten als wahr dar, um BDS-Unterstützer*innen auszuschließen, zu kriminalisieren und mundtot zu machen. Dabei grenzt sich der BDS Aufruf inhaltlich von Antisemitismus ab und richtet sich gegen die völkerrechtswidrigen Verbrechen der israelischen Regierung sowie gegen vom Staat unterstützte Institutionen und Veranstaltungen, die dessen Image reinwaschen wollen. Dazu kann man sich beispielsweise den BDS Aufruf oder das Buch ,,Legitimer Protest“ durchlesen.
Im Mai 2019 verabschiedeten Delegierte der ver.di Jugend, der Bonner Stadtrat und der Bundestag einen Unvereinbarkeitsbeschluss gegen alle Unterstützer*innen der BDS Bewegung. In allen drei Beschlüssen wird BDS antisemitisch genannt. Auch die IG-Metall und DGB Jugenden haben solche Beschlüsse gefasst. So wird Kritik an der Besatzungs- und Unterdrückungspolitik Israels unterbunden, was letztendlich der israelischen Regierung und dem Vorgehen gegen das palästinensische Volk dient. Da es eine so breite BDS-Unterstützung in Palästina gibt, wird nun nahezu die gesamte palästinensische Gesellschaft offiziell des Antisemitismus bezichtigt. Das zeigt, dass die Delegierten der Gewerkschaftsjugenden, der Bonner Stadtrat und der Bundestag weder an einer Lösung des Nahostkonflikt noch an einem Dialog mit den Unterdrückten interessiert sind. Das Einschränken von Kritik an Israel ist ein klarer Angriff auf die Meinungsfreiheit und betrifft neben Palästinenser*innen auch alle, die mit ihnen solidarisch sind. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty sind davon betroffen und Medico hat bereits eine scharfe Kritik veröffentlicht.
Die ,,Jüdische Stimme“ schreibt in einer Mail an ihre Unterstützer*innen:
,,Diesen Bundestagsbeschluss, auch wenn er für uns bitter, weil wir als Juden von Deutschen Parlamentarier als Antisemitisch klassifiziert werden, ist vor allem ein Angriff auf die Meinungs- und Lehrfreiheit und auf das Grundrecht zum politischen Organisieren. […]
Wie Franz Josef Strauß und Helmut Kohl, die den Apartheidregime bis 1988 unterstützten und wie Journalisten von der ARD, ZDF und „die Welt“ mit Südafrika kooperiert haben, machen es die deutschen Politiker (und auch paar Journalisten) wieder. Handelt es sich um Israel, bekommt die dortige rechtsextreme Regierung Zustimmung von der AfD bis hin zu der Linke.
Wir in der Jüdischen Stimme bleiben daher um so stärker bei unserer BDS-Unterstützung.„
Im Folgenden zeigen wir die Kritik des palästinensischen Gewerkschaftsverband an die ver.di Jugend und den Appell dutzender jüdischer und israelischer Wissenschaftler*innen an den Bundestag:
Erklärung des palästinensischen Gewerkschaftsdachverband PGFTU zum Beschluss der ver.di Jugend
Der Allgemeine Palästinensische Gewerkschaftsbund (PGFTU) verurteilte in einer Presseerklärung am Samstagabend den offiziellen Beschluss der Jugendorganisation der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und ihren politischen Angriff auf die Aktivitäten der internationalen Boykottbewegung BDS (Boycott, Divestment and Sanctions) gegen den israelischen Besatzungsstaat. Sie verurteilte auch die Nennung der PGFTU im Zusammenhang mit der Distanzierung des Generalverbands der israelischen Gewerkschaften (Histadrut) gegnüber der globalen Bewegung des Boykotts gegen Israel.
In ihrer Presseerklärung betonte die PGFTU ihre festen Positionen zur israelischen Besatzung, welche sich aus den Positionen der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) und ihrer legitimen Institutionen, einschließlich des National- und des Zentralrats, nach denen sie sich richtet.
Die Erklärung fügte hinzu, dass der Dachverband und seine Gewerkschaften immer zu den Interessen, Positionen und Zielen der palästinensischen Arbeiterinnen und Arbeiter stehen werde, welche sie letztendlich auch als die Ziele der gesamten Bevölkerung versteht. Die Besatzung schränkt das inner-palästinensische Gewerkschaftssystem und seine erklärten nationalen Selbstbestimmungsbestrebungen und sozialen Kämpfe stark ein. Die PGFTU ist nicht interessiert an Beziehungen, die sich mit dem Erreichen dieser Bestrebungen nicht vereinbaren lassen.
In der Erklärung wurde unmissverständlich erklärt, dass es der PGFTU – entgegengesetzt der Aussagen innerhalb der deutschen Jugendbewegung oder anderen internationalen Organisationen – fernliegt, sich mit der Legitimierung der israelischen Besatzung gemein zu machen.
Die Gewerkschaftsunion betont ihre fortlaufende Verurteilung der Versuche der israelischen Besatzungskräfte, palästinensische Arbeiterinnen und Arbeiter zu verfolgen, einzuschüchtern und zu töten, was durch die israelischen Besatzungskräfte an den Militärcheckpoints in mehren Vorfällen geschah.
Mehr als je zuvor fließen die Kraft und Energie der palästinensischen Gewerkschaften in den Aufbau einer breiteren internationalen Gewerkschaftssolidarität, um sichere und risikofreie Arbeitsverhältnisse für die palästinensischen Arbeiterinnen und Arbeiterzu erreichen.
Der israelische Arbeitsmarkt ist für palästinensische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zunehmend lebensgefährlich. Seit Anfang 2019 sind mehr als 32 palästinensische Arbeiterinnen und Arbeiter in einem Beschäftigungsverhältnis in Israel ums Leben gekommen. Dies liegt an Diskriminierungen, welche der Grund für schlechtere Arbeitsbedingungen und mangelnde Gesundheits- und Sicherheitsstandards sind – allen voran in der Baubranche.
Hier zwei Quellen zur Erklärung des PGFTU:
https://www.maannews.net/Content.aspx?id=984463
https://www.alwatanvoice.com/arab…/…/2019/05/18/1244702.html
Appell dutzender jüdischer und israelischer Wissenschaftler*innen an den Bundestag