Bericht über die Kampagne gegen das Polizeigesetz

Das Verschärfen des Polizeigesetz hebelt fundamentale Grundrechte aus und betrifft daher uns alle. Im Juni haben weite Teile der Bevölkerung bei vielen kleinen Aktionen und am 7.7. bei der Großdemo in Düsseldorf ein deutliches Statement gegen das Vorhaben der Regierenden gesetzt. Gemeinsam haben wir erwirkt, dass das Gesetz verschoben wurde.

Im Folgenden erklären wir das neue Polizeigesetz, beschreiben den breiten Widerstand und abschließend ordnen wir es in den politischen Kontext ein.

Das neue Polizeigesetz betrifft uns alle!

Der brutale Polizeiangriff auf den jüdischen Professor am 11.7. in Bonn sowie die darauffolgenden Lügen der Polizei zeigen uns, dass jede und jeder mit Polizeigewalt und -willkür konfrontiert werden kann.

2018 soll in 15 Bundesländern das Polizeigesetz verschärft werden. Was erwartet uns in NRW? Taser, die in den USA zu vielen Todesfällen führen, sollen nun auch in NRW zu einer alltäglichen Waffe werden. Öffentliche Plätze sollen zeitlich unbegrenzt überwacht werden, elektronische Fußfessel sollen eingeführt und Racial Profiling ausgeweitet werden. Der Begriff der ,,drohenden Gefahr“ wird eingeführt: Wer, aus Sicht der Polizei, eine ,,drohende Gefahr“ darstellt, kann mit dem neuen Gesetz für einen Monat weggesperrt werden. Hierfür muss keine konkrete Straftat bewiesen oder auch nur vorgeworfen werden. Mit dem Wegsperren von Unschuldigen soll nämlich eine mögliche Straftat bereits im Vorfeld verhindert werden.

Das Gesetz führt somit zu mehr Polizeigewalt und -willkür, schränkt die Privatsphäre massiv ein, setzt die Unschuldsvermutung außer Kraft und verwischt die Trennung von Polizei, Justiz und Geheimdiensten! Häufige Lügen der Regierenden sind, dass es in erster Linie gegen Terrorist*innen gehe und man müsse präventiv handeln. Doch bereits die erste Anwendung dieser ,,Präventivhaft“ beweist das Gegenteil: Am 30.6. fand der Bundesparteitag der AfD in Augsburg statt. Ein Antifaschist, der dagegen demonstrieren wollte, wurde ,,präventiv“, also ohne dass er eine strafbare Handlung begangen hatte, für eine Woche eingesperrt. Die zweite Anwendung des neuen Gesetzes betraf Geflüchtete in Schweinfurt, sie waren bei einer Rangelei dabei (!) und wurden daraufhin ohne Recht auf einen Anwalt präventiv weggesperrt.

Polizeigesetze im ganzen Land – unsere Antwort: Widerstand!

In einem breiten NRW-weiten Bündnis gegen das PolG fanden sich u.a. Fußballfans, Hanffreund*innen, Computerclubs, NGOs, Parteien, Gewerkschaften, Umweltaktivist*innen, Antifaschist*innen, Anarchist*innen und Kommunist*innen zusammen. Der spektrenübergreifende Zusammenschluss ist ein starkes Zeichen dieses Protests und ein deutliches Signal gegen das Vorhaben der Regierung. Auf NRW Ebene haben wir aktiv mitgearbeitet, gleichzeitig organisierten wir auch Aktionen in Bonn.

Am 23.6. organisierten wir eine Kundgebung mit Redebeiträgen, Musik und einem Infotisch, an dem wir unser Video zum PolG zeigten. Am 28.6. zeigten wir am Hofgarten einen Vortrag zum Thema und am 30.6. nahmen wir an der Bonner Demo gegen das PolG teil. Für den 6.7. organisierten wir ein offenes Treffen, so informierten wir neue Leute, diskutierten und malten Schilder für die NRW-weite Demo. Dabei thematisierten wir neben den Inhalten des Gesetz auch den G20 Gipfel und die Repression gegen unsere kurdischen Genossen.

Am 7.7., dem Jahrestag der G20 Demo, fand schließlich die Großdemonstration in Düsseldorf statt. Im Vorfeld wurde die Demo von der Polizei für ,,gefährlich“ erklärt. So hat die Polizei im Vorfeld versucht legitimen Protest zu kriminalisieren. Doch die Demo wurde insgesamt von über 300 Orgas unterstützt und hatte um die 20.000 Teilnehmer. So setzte die Demo ein deutliches Zeichen gegen die Angriffe auf unsere Grundrechte.

Das Aufbauen des breiten Bündnis schaffte so viel Öffentlichkeit, dass das Gesetz nicht im Schatten der WM verabschiedet werden konnte. Politiker sahen sich in einer Legitimationskrise für ihr Vorhaben, weswegen die Abstimmung des Gesetzes verschoben wurde.

Das Polizeigesetz dient dem Unterdrücken von politischem Aktivismus

Mit dem Polizeigesetz wird unser politischer Aktivismus massiv eingeschränkt, wie das bereits erwähnte Beispiel des AfD Bundesparteitag zeigt. Wer Proteste gegen Ausbeutung und Unterdrückung organisiert wird meist mit Repression konfrontiert werden. Die Regierenden versuchen mit verschiedenen Mittel legitimen Protest zu kriminalisieren, diskreditieren und zu verhindern. Hier ein paar Beispiele für Gesetze zur Unterdrückung von politischem Aktivismus:

– Notstandsgesetze (1968)

– Vermummungsverbot (1985)

– Passivbewaffnungsverbot (1989)

– Verbot der kurdischen Arbeiterpartei (1993)

– Schleierfahndung, Wohnraumüberwachung zur Strafverfolgung (1995)

– Vorratsdatenspeicherung (2008, später gekippt)

– mehr Rechte für Geheimdienste (2012)

– Vorratsdatenspeicherung (2015, nochmal)

– Automatisierter Zugriff der Polizei auf biometrische Passdaten (2017)

– Polizeigesetze (2018)

All diese Gesetze wurden nicht zur Bekämpfung von Terrorismus oder im Sinne unserer Sicherheit erlassen, sondern in erster Linie um politische Widerstandsbewegungen zu unterdrücken.

Zudem verbreiten Politiker*innen und Medien vor großen Protesten das Bild von gewaltbereiten Chaot*innen. Bei Berichten z.B. in Bezug auf die G20 Proteste ging es nicht um die politischen Inhalte, sondern nahezu immer um Randale und Krawalle. So wurde der gesamte Protest in den Dreck gezogen. Doch über 100.000 Menschen demonstrierten im Juli 2017 gegen den G20 Gipfel. Im Vorfeld wurde kritischen Journalist*innen die Akkreditierung entzogen. Die Polizei schlug Demos und Protestcamps nieder, griff Sanitäter*innen, parlamentarische Beobachter*innen und Journalist*innen an. Dabei nutzte die Polizei vorher verschärfte Gesetze und das Bevölkerungsklima aus. Bei einer Demo im Rahmen der Proteste gegen die G20 wurden 13 Aktivist*innen von uns festgenommen.

Nach dem Gipfeltreffen beteiligten wir uns an der Gründung und dem Aufbau des Bündnis Grundrechte verteidigen. Gemeinsam nahmen wir Einfluss auf die polizeiliche Deutungshoheit der Geschehnisse und organisierten verschiedene Aktionen. Im Dezember folgten die Großrazzia und die Öffentlichkeitsfahndung der Polizei. Die bestehenden Gesetze zeigten uns bereits wie schnell die Polizei massenhaft Leute festnehmen kann und nun wollen die Regierenden einen Schritt weiter gehen. Sie wollen unsere Proteste noch weiter einschränken und die Polizeigesetze massiv verschärfen!

Fazit

Repression ist alltäglich, das zeigt uns die politische Einordnung. Anstatt, dass wir uns einschüchtern lassen, kämpfen wir dagegen an! Nur gemeinsam und in breiten Bündnis kann unser Widerstand effektiv sein. Im September soll das neue PolG NRW beschlossen werden, d.h.: Wir bleiben am Thema dran! Wir müssen den Druck steigern und die Mobilisierung weiterentwickeln. Vermutlich wird über eine abgeschwächte Form des Gesetzes diskutiert werden. Doch für uns steht fest: Wir wollen keine abgeschwächte Verschärfung des PolG, wir wollen gar keine Verschärfung des PolG!

Vom 3.-10.8. organisieren wir auf der Poppelsdorfer Allee das Bonn City Camp. Mit Vorträgen, Workshops und Diskussionen, bei denen jeden Tag das Thema wechselt. Der 5.8. wird bei uns der Tag der Grundrechte. Kommt vorbei und diskutiert mit uns über die neusten Entwicklungen und den kommenden Protest.

Abschließend möchten wir ausdrücklich dazu aufrufen, sich bei der Roten Hilfe anzumelden. Die Solidaritätsorganisation unterstützt solche, die von Repression betroffen sind. Die Erfahrung zeigt uns: Repression kann jeden von uns betreffen und Solidarität ist unsere stärkste Waffe!

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